Da das Thema „Impfen“ ein sehr wichtiges Element in unserem Praxisalltag ist, wollen wir hier mal genauer drauf eingehen, was es mit der Grundimmunisierung auf sich hat. Wieso brauchen Welpen zwei Impfungen? Wieso wären mehrere Impfungen im ersten Lebensjahr sinnvoll? Was sind maternale Antikörper?
Viele Themen, viel Verwirrung. Dann lassen Sie uns mal loslegen.
Die ersten Wochen.
Ein Welpe kommt auf die Welt und hat nur ein sehr eingeschränkt funktionierendes Immunsystem. Deshalb hat sich die Natur was einfallen lassen: Über die Nabelschnur und die Muttermilch gibt’s für den Welpen mal eine Portion Antikörper von Mama, sogenannte maternale Antikörper. Der Welpe bekommt also eine passive Immunisierung durch die Mutter.
Das setzt aber natürlich voraus, dass Mama dementsprechende Antikörper bereits hat. Das passiert entweder auf natürliche Weise nach einer durchgemachten (und überlebten) Infektion oder aber, wenn Mama geimpft wurde. Und da liegt das Problem: Wenn Mama nicht geimpft ist, kann sie auch keine Antikörper an ihren Nachwuchs weitergeben. Das wäre der schlechteste Fall, da die Welpen so schutzlos Infektionen ausgesetzt sind. Die Folge sind häufig Todesfälle bei Welpen. Häufig sieht man das bei vielen Katzenwelpen von Bauernhöfen, welche schon in jungem Alter schwer erkrankt sind.
Wir gehen jetzt aber mal davon aus, dass die Mutter der Kleinen ordentlich und ausreichend Antikörper an den Nachwuchs abgibt. Diese maternalen Antikörper halten aber nicht ewig. In der Regel wird davon ausgegangen, dass diese zwischen der 8. und 12. Lebenswoche verschwunden sind.
Maternale Antikörper.
Das Problem an der Sache ist folgendes: Solange noch maternale Antikörper vorhanden sind, reagiert der Körper nicht auf eine Impfung. Und jetzt ist die große Frage, wie lange diese Antikörper in einem Welpen vorhanden sind. Und das wiederum ist von vielen Faktoren abhängig. Je besser der Impfschutz der Mutter, desto länger scheinen die maternalen Antikörper im Welpen vorhanden zu sein. Man geht davon aus, dass die maternalen Antikörper zwischen der 8. und 12. Lebenswoche verschwunden sind. Inzwischen gibt es aber Untersuchungen, die nahelegen, dass diese evtl. auch bis zur 16. Lebenswoche vorhanden sind, evtl. sogar noch länger!
Titertest – im Blut liegt die Antwort.
Ob noch maternale Antikörper vorhanden sind, lässt sich über eine Blutuntersuchung herausfinden. Eigentlich macht es auch nur Sinn zu impfen, wenn keine mehr da sind. Das Problem: Die Blutuntersuchung ist meist teurer als die Impfung. Deshalb hat sich über die letzten Jahrzehnte die Impfung in der 8. und 12. Lebenswoche „eingebürgert“. Die zweite Impfung in der 12. Lebenswoche ist aber weniger eine „Boosterung“, als viel mehr eine weitere Impfung zur Sicherheit, falls bei der 1. Impfung noch maternale Antikörper vorhanden waren. Mit einer Titeruntersuchung kann auf diese „Sicherheitsimpfung“ verzichtet werden, da nur geimpft wird, wenn keine Antikörper nachweisbar sind. Mit dem Titertest kann außerdem überprüft werden, ob nach der Impfung genügend Antikörper gebildet wurden.
mögliche Situationen hinsichtlich der maternalen Antikörper:
Szenario 1:
Ein Welpe wird mit 8 Wochen das erste Mal geimpft, hat aber zu dem Zeitpunkt noch maternale Antikörper. Faktisch springt der Organismus NICHT auf die Impfung an und es ist kein ausreichender Impfschutz zu erwarten. Also wird mit 12 Wochen nochmals geimpft, in der (begründeten) Hoffnung, dass der Welpe jetzt keine maternalen Antikörper mehr hat und die Impfung funktioniert. Fakt: Die erste Impfung mit 8 Wochen war unnötig.
Szenario 2:
Der Welpe hat bereits mit 8 Wochen keine maternalen Antikörper mehr. Das heißt, dass die Impfung in der 8. Woche ausreichen würde und die in der 12. Woche unnötig ist (eine ausreichende Immunantwort auf die 1. Impfung vorausgesetzt).
Szenario 3:
Der Welpe hat sowohl in der 8. Lebenswoche als auch in der 12. Lebenswoche noch maternale Antikörper. Dieser Welpe springt als auf keine der beiden Impfungen an und ist bis zur nächsten Impfung, die in der Regel nach einem Jahr erfolgt, völlig ungeschützt!
Und welches Szenario trifft auf Ihren Welpen zu? Wissen Sie nicht? Sehen Sie, wir auch nicht. Das ist nur über eine Blutuntersuchung rauszukriegen.
Konsequenz aus den oben dargestellten Szenarien.
Wenn der Bluttest aus finanziellen bzw. organisatorischen Gründen nicht in Frage kommt, empfiehlt sich unter Berücksichtigung aller möglichen Szenarien folgendes Impfschema:
- Impfung in der 8. Lebenswoche
- Impfung in der 12. Lebenswoche
- Impfung in der 16. Lebenswoche
Wiederholung nach einem Jahr ?
Beim bisherigen Impfschema (8. + 12. Lebenswoche) als auch beim neueren Impfschema (8., 12. + 16. Lebenswoche) hat man in der Regel nach einem Jahr alles nochmal wiederholt. Aber eben auch nicht, weil es so lustig ist und wir Tierärzte möglichst viel impfen wollen um viel Geld zu verdienen. Sondern, falls der Welpe in der 12. (oder 16.) Lebenswoche noch maternale Antikörper hatte. Dann wäre dieser Welpe nämlich ohne Impfschutz unterwegs.
Da dieser Zeitraum von einem Jahr aber auch sehr lange ist, geht man nach neusten Empfehlungen und Untersuchungen dazu über, die dann Junghunde in einem Alter von 6 Monaten nochmals erneut gegen alle in Frage kommenden Infektionskrankheiten zu impfen.
Fazit.
Aufgrund der vorliegenden physiologischen Gegebenheiten bei Welpen kommen nur zwei Varianten in Frage, um sicherzustellen, dass ein Welpe einen ausreichenden Impfschutz aufbaut und gleichzeitig zu jeder Zeit optimal geschützt ist:
Option 1:
- Impfung in der 8. Lebenswoche
- Impfung in der 12. Lebenswoche
- Impfung in der 16. Lebenswoche
- Impfung in der 26. Lebenswoche (6 Monate)
Option 2:
Überprüfung des Antikörper-Titers erstmals nach der 8. Lebenswoche. Weitere Test im Abstand von maximal 4 Wochen, bis keine maternalen Antikörper mehr nachweisbar sind.
Impfung
Überprüfung des Impf-Titers 4 Wochen nach der Impfung.
Wenn bis dahin keine ausreichenden Antikörper-Titer erreicht wurden, weitere Impfung.
Noch Fragen?
Dann schreiben Sie uns oder rufen Sie uns an.
Herzlichst, Ihr
DR.TIER
Dr. med. vet. Stefan Kuscha
Egmating. München.