1001 Meinungen – wenig Wissen?
Ich glaube bei kaum einem Thema gibt es so viele unterschiedliche Ansichten, Meinungen und Überzeugungen wie beim Impfen. Und dieses Thema betrifft nicht nur uns Menschen, sondern auch unsere Haustiere.
Eins vorweg: Wenn jemand der Überzeugung ist, dass Impfen schädlich ist, Krankheiten verursacht und eh nur der Pharmaindustrie nutzt, dann haben wir auch gar nicht den Anspruch, ihn oder sie zu überzeugen oder gar zu überreden. Diese Entscheidung muss jeder für sich selbst bzw. sein Tier treffen. Trotzdem sei gesagt, dass es sehr viele völlig an den Haaren herbeigezogene Aussagen über Impfungen gibt, welche jeglicher Grundlage entbehren. Daher möchten wir diesen Beitrag auch nutzen, um das Thema sachlich aufzuarbeiten.
Es gibt in Deutschland keine Impfpflicht. Daher sind alle Empfehlungen natürlich nicht gesetzlich vorgeschrieben. Wenn wir von einer „Pflichtimpfung“ sprechen, dann in dem Sinne, dass wir der Meinung sind, dass diese zum Pflichtprogramm gehören sollte. Einige wenige Ausnahmen hiervon sind Tollwut-Impfungen bei Reisen ins Ausland. Hier gelten bestimmte rechtliche Vorgaben.
Grundsätzliches.
Was macht eine Impfung?
Impfstoffe sind Medikamente, welche wirkungsvoll vor Erkrankungen durch Viren und auch Bakterien schützen können. Unterschieden werden Impfstoffe in Totimpfstoffe und Lebendimpfstoffe. Totimpfstoffe enthalten abgetötete Erreger oder Teile davon. In der Regel treten bei Totimpfstoffen weniger Nebenwirkungen auf, allerdings muss der Impfschutz auch regelmäßig aufgefrischt werden. Lebendimpfstoffe enthalten kleinste Mengen lebender Erreger, welche aber so abgeschwächt sind, dass keine Erkrankung ausgelöst wird.
Und jetzt passiert Folgendes: Das Immunsystem erkennt den vermeintlichen„Eindringling“ und beginnt, Antikörper gegen den Eindringling zu bilden, welche den Eindringlich bekämpfen. Dies passiert auch bei einer „normalen“ Infektion. Allerdings gibt es viele Krankheiten, bei denen diese Antikörper nicht rechtzeitig oder in ausreichender Menge gebildet werden können, damit die Krankheit bekämpft werden kann. Viele der Erkrankungen, gegen die geimpft werden kann, enden daher sehr oft tödlich.
Bei einer Impfung erkennt der Körper zwar auch den Eindringling und bildet Antikörper, aber er erkrankt nicht an der Krankheit. Daher bilden die Antikörper, welche durch die Impfung gebildet werden, eine Art Schutzschild vor einer „wirklichen“ Infektion. Und da dieses Schutzschild bereits vorhanden ist, rettet es in vielen Fällen das Leben des Organismus, sollte er sich mit der Erkrankung infizieren. Und damit dies auch immer funktioniert, ist es wichtig, den Impfschutz regelmäßig aufzufrischen.
Impfschutz – Wie lange hält der Schutz an?
Die durch die Impfstoffe gebildeten Antikörper halten leider nicht ewig. Daher muss nach einer bestimmten Zeit nachgeimpft werden, damit das Schutzschild noch zuverlässig funktioniert. Für Viren hält der Impfschutz in der Regel länger, für Bakterien kürzer. Ob noch eine ausreichende Anzahl an Antikörpern vorhanden ist (sog. Impftiter), kann mit einer Blutuntersuchung überprüft werden. Die Idealmethode wäre: Regelmäßig durch eine Blutuntersuchung die entsprechenden Antikörpertiter testen und nur das nachimpfen, wogegen zu wenige Antikörper vorhanden sind.
Überprüfung des Impftiters:
Impftiter können in der Regel durch jedes Labor überprüft werden. Der Nachteil sind die meist hohen Kosten sowie der Zeitfaktor (in der Regel liegen die Ergebnisse erst nach ein paar Tagen vor).
Seit einiger Zeit sind Schnelltests am Markt erhältlich, mit denen die Impftiter in der Praxis überprüft werden können.
Zur Zeit können getestet werden: Staupe, Hepatitis und Parvovirose (Hund); Katzenschnupfen und Katzenseuche (Katze)
Die Kosten liegen zur Zeit bei ca. 60€
Exkurs: Herstellerangaben.
Jeder Impfstoff-Hersteller gibt für seinen Impfstoff an, in welchem Intervall dieser aufgefrischt werden sollte. Wenn man den Herstellern Böses unterstellen wollte, könnte man sagen, dass ein Hersteller natürlich möchte, dass jedes Tier so oft wie möglich geimpft wird. Auf der anderen Seite haftet der Hersteller auch für seinen Impfstoff. Daher wird in Versuchen untersucht, wie lange ein Impfschutz besteht. Der Hersteller kann also nicht sagen, der Impfstoff XY schützt 10 Jahre, wenn er beim Großteil der Tier nur 2 Jahre schützt. Vom Impfschema der Hersteller kann natürlich abgewichen werden, sollte aber für jedes Tier individuell entschieden werden. Am besten mit dem Tierarzt zusammen. Pauschale Aussagen wie „ab einem bestimmten Alter muss gar nicht mehr geimpft werden“ sind in der Regel nicht haltbar (Ausnahme: Feline Leukose) und erlauben daher keine Empfehlungen.
Grundimmunisierung.
Die meisten Hersteller empfehlen eine Impfung in der 8. Lebenswoche, gefolgt von einer weiteren in der 12. Lebenswoche. Neueste Forschungen zeigen aber, dass dies eventuell nicht ausreichen kann.
Nähere Informationen zur Grundimmunisierung gibt es in unserem Artikel Impfung – Infos zur Grundimmunsierung.
Wie oft sollte eine Auffrischungsimpfung durchgeführt werden?
Gegen virale Erkrankungen besteht in der Regel (je nach Hersteller) ein Impfschutz für bis zu 3 Jahre, bei Bakterien dagegen nur für ein Jahr. Allerdings ist dies auch von Tier zu Tier unterschiedlich und sollte immer auf Grundlage der Lebensumstände und des damit verbundenen Infektionsdrucks entschieden werden. So sind Freigänger einem höheren Infektionsrisiko ausgesetzt, als reine Wohnungstiger.
Impfempfehlungen für Katzen.
Die Impfempfehlungen basieren auf der Leitlinie zur Impfung von Kleintieren der Ständigen Impfkommision des Friedrich-Löffler-Instituts (Stand 12.12.2016)
Pflicht & Kür
Es sollte unterschieden werden zwischen
Impfungen gegen Erreger, vor denen jede Katze zu jeder Zeit geschützt sein sollte (Pflicht)
Impfungen gegen Erreger, die nur unter bestimmten Umständen geimpft werden müssen (Kür)
Für Alle.
Katzenschnupfen und Katzenseuche
Für jede Katze wird die Impfung gegen das Rhinotracheitis-Virus (Herpes) und das feline Calicivirus empfohlen. Beide Erreger sind bei der Entstehung des Katzenschnupfens beteiligt. Des Weiteren sollte jede Katze gegen Feline Panleukopenie (Katzenseuche) geimpft sein.
Für Manche – Empfohlene Impfungen für besondere Umstände.
Tollwut
Die Impfung gegen Tollwut wird bei Freigängern empfohlen.
Zusätzlich muss jede Katze, die am internationalen Reiseverkehr teilnimmt, gegen Tollwut geimpft sein.
Wieso sollte man in Deutschland noch gegen Tollwut impfen?
Zum einen muss klar sein, dass die Tollwut-Freiheit in Deutschland nur durch konsequente Impfung gegen Tollwut erreicht wurde (bei Füchsen). Zum anderen wird in Deutschland auch heute noch regelmäßig Tollwut bei Fledermäusen festgestellt. Es sind bisher nur sehr wenige Infektionen von Hunden und Katzen aufgetreten, allerdings schützt die Impfung auch in diesen Fällen. Eine weitere Gefahr geht von ungeimpften Hunden und Katzen aus dem Ausland aus. Aus diesen Gründen ist auch heute noch eine Tollwut-Impfung bei Freigängern empfehlenswert.
Leukose (FeLV)
Gegen das Feline Leukämievirus sollten Katzen mit erhöhtem Infektionsdruck geimpft werden.
Dazu gehören Freigänger und Tiere mit Kontakt zu Katzen mit unbekanntem FeLV-Status (z.B. Bauernhofkatzen). Da Leukose vor allem durch Biss übertragen wird, sind freilaufende Kater besonders gefährdet (Revierkämpfe). Mit zunehmendem Alter wird die Wahrscheinlichkeit einer Infektion geringer. Daher sollte bei Katzen ab einem Alter von 7 Jahren individuell entschieden werden, ob weiterhin gegen FeLV geimpft wird.
Chlamydien
Am anfälligsten für Chlamydien-Infektionen sind Katzen in einem Alter von 2 bis 12 Monaten. Geimpft werden sollten Katzen mit sehr hohem Infektionsdruck, wie zum Beispiel in Zuchtbeständen bei nachgewiesenen Chlamydien-Infektionen.
Feline Infektiöse Peritonitis (FIP)
Beim Erreger der FIP handelt es sich um eine Mutation des sehr häufig bei Katzen vorkommenden Felinen Coronavirus (FCoV). Die Wirksamkeit der Impfung liegt je nach Studie zwischen 0% und 80%. Auch scheint der Impfstoff bei Katzen, die bereits Kontakt zu FCoV hatten, wirkungslos zu sein. Eventuell kann bei FcoV-negativen Katzen die Wahrscheinlichkeit des Auftretens der FIP reduziert werden. Insgesamt ist die Effektiviät der Impfung aber fraglich und sollte nur in Einzelfällen geimpft werden.
Hautpilze: Mikrosporie, Trichophytie
Hierbei handelt es sich um verschiedene Formen von Hautpilzen. Die Impfung kann helfen, den Abheilungsprozess zu beschleunigen bzw. kann das Risiko der Ausbildung von Symptomen verringern. Daher ist die Impfung nur unter bestimmten Umständen (z.B. Pilzinfektionen in einem Katzenbestand) sinnvoll.
Aktuelle Impfstoffe für die Katz’
Impfstoff | Hersteller | Impfung gegen | Grundimmunisierung | Impf-Rhythmus |
---|---|---|---|---|
Enduracell T | Zoetis | Tollwut | einmalig ab einem Alter von 12 Wochen | alle 4 Jahre |
Felocell CVR | Elanco | Katzenschnupfen, Katzenseuche | 2 Impfungen im Abstand von 3-4 Wochen, ab der 9. Lebenswoche | jährlich |
Fevaxyn FeLV | Zoetis | Leukose | 2 Impfungen im Abstand von 3 Wochen, ab der 9. Lebenswoche | jährlich |
Fevaxyn Pentofel | Zoetis | Katzenschnupfen, Katzenseuche, Leukose, Chlamydien | 2 Impfungen im Abstand von 3-4 Wochen, ab der 9. Lebenswoche | jährlich |
Fevyxyn Quatrifel | Zoetis | Katzenschnupfen, Katzenseuche, Chlamydien | 2 Impfungen im Abstand von 3-4 Wochen, ab der 8. Lebenswoche | jährlich |
Leucofeligen FeLV/RCP | Virbac | Katzenschnupfen, Katzenseuche, Leukose | 2 Impfungen im Abstand von 3-4 Wochen, ab der 8. Lebenswoche | jährlich |
Leucogen | Virbac | Leukose | 2 Impfungen im Abstand von 3-4 Wochen, ab der 8. Lebenswoche | jährlich |
Nobivac RC | Intervet | Katzenschnupfen | 2 Impfungen im Abstand von 3-4 Wochen, ab der 8. Lebenswoche | jährlich |
Nobivac RCP | Intervet | Katzenschnupfen, Katzenseuche | 2 Impfungen im Abstand von 3-4 Wochen, ab der 8. Lebenswoche | jährlich (Schnupfen), alle 3 Jahre (Seuche) |
Nobivac T | Intervet | Tollwut | einmalig ab einem Alter von 12 Wochen | Alle 3 Jahre |
Primucell FIP | Zoetis | FIP (Feline infektiöse Peritonitis) | 2 Impfungen im Abstand von 3 Wochen, ab der 16. Lebenswoche | jährlich |
Purevax FeLV | Merial | Leukose | 2 Impfungen im Abstand von 3-5 Wochen, ab der 8. Lebenswoche | jährlich |
Purevax Rabies | Merial | Tollwut | einmalig ab einem Alter von 12 Wochen | 1 Jahr nach Grundimmunisierung, danach alle 3 Jahre |
Purevax RC | Merial | Katzenschnupfen | 2 Impfungen im Abstand von 3-4 Wochen, ab der 8. Lebenswoche | 1 Jahr nach Grundimmunisierung, danach alle 3 Jahre |
Purevax RCP | Merial | Katzenschnupfen, Katzenseuche | 2 Impfungen im Abstand von 3-4 Wochen, ab der 8. Lebenswoche | 1 Jahr nach Grundimmunisierung, danach alle 3 Jahre |
Purevax RCPCh | Merial | Katzenschnupfen, Katzenseuche, Chlamydien | 2 Impfungen im Abstand von 3-4 Wochen, ab der 8. Lebenswoche | 1 Jahr nach Grundimmunisierung, danach alle 3 Jahre bzw. jährlich (Chlamydien) |
Purevax RCPCh FeLV | Merial | Katzenschnupfen, Katzenseuche, Chlamydien, Leukose | 2 Impfungen im Abstand von 3-4 Wochen, ab der 8. Lebenswoche | 1 Jahr nach Grundimmunisierung, danach alle 3 Jahre bzw. jährlich (Chlamydien, Leukose) |
Rabisin | Merial | Tollwut | einmalig ab einem Alter von 12 Wochen | 1 Jahr nach Grundimmunisierung, danach alle 3 Jahre |
Versifel CVR | Zoetis | Katzenschnupfen, Katzenseuche | 2 Impfungen im Abstand von 3-4 Wochen, ab der 9. Lebenswoche | jährlich |
Versifel CVR-T | Zoetis | Katzenschnupfen, Katzenseuche, Tollwut | einmalig ab einem Alter von 12 Wochen (2. Impfung mit CVR erforderlich) | jährlich bzw. alle 4 Jahre (Tollwut) |
Versifel FeLV | Zoetis | Leukose | 2 Impfungen im Abstand von 3-4 Wochen, ab der 9. Lebenswoche | 1 Jahr nach Grundimmunisierung, danach alle 3 Jahre |
Versiguard R | Zoetis | Tollwut | einmalig ab einem Alter von 12 Wochen | 1 Jahr nach Grundimmunisierung, danach alle 2 Jahre |
Virbagen felis RC | Virbac | Katzenschnupfen | 2 Impfungen im Abstand von 3-4 Wochen, ab der 8.-9. Lebenswoche | jährlich |
Virbagen felis RCP | Virbac | Katzenschnupfen, Katzenseuche | 2 Impfungen im Abstand von 3-4 Wochen, ab der 8.-9. Lebenswoche | jährlich bzw. alle 1-2 Jahre (Seuche) |
Virbagen felis RCP/T | Virbac | Katzenschnupfen, Katzenseuche, Tollwut | einmalig ab einem Alter von 12 Wochen, 2. Impfung mit RCP nötig | jährlich, bzw. alle 2-3 Jahre (Tollwut) |
Virbagen Tollwutimpfstoff | Virbac | Tollwut | einmalig ab einem Alter von 12 Wochen | 1 Jahr nach Grundimmunisierung, danach alle 2-3 Jahre |
Virbagen Mikrophyt | Virbag | Mikrosporum canis | 2 Impfungen im Abstand von 2-3 Wochen, ab der 12. Lebenswoche | jährlich |
Rivac Mikroderm | Ecuphar | Mikrosporum canis | 2 Impfungen im Abstand von 2-3 Wochen, ab der 12. Lebenswoche | jährlich |
Insol Dermatophyton | Boehringer Ingelheim | versch. Stämme von Trichophyton und Mikrosporum | 2 Impfungen im Abstand von 2 Wochen | Alle 9 Monate |
Das DR.TIER-Fazit:
Die Grundimmunisierung sollte in der 8. Lebenswoche beginnen. Weitere Impfungen im Abstand von 4 Wochen bis zur 16. Lebenswoche, gefolgt von einer weiteren Impfung im Alter von 6 Monaten.
Nach der Grundimmunisierung (siehe oben), sollten Wiederholungsimpfungen in folgendem Rhythmus erfolgen. Alternativ kann bei Katzenschnupfen und Katzenseuche auch ein Überprüfung der Impftiter mittels Blutuntersuchung erfolgen.
reine Wohnungskatzen*:
alle 3 Jahre Impfung gegen Katzenschnupfen und Katzenseuche
*ohne Aufenthalt in einer Pension oder Auslandsreisen
Freigänger:
alle 3 Jahre gegen Katzenseuche und Tollwut
jährlich gegen Katzenschnupfen
jährlich (bis zu einem Alter von ca. 7 Jahren) gegen Feline Leukose (FeLV)
Quellennachweis: In der Impftabelle sind alle derzeit in Deutschland zugelassenen Impfstoffe aufgelistet. Quelle: www.vetidata.de, Stand Januar 2017. Für die Richtigkeit der Angaben wird keine Haftung übernommen. Im Zweifel sind nähere Informationen beim jeweiligen Zulassungsinhaber (Hersteller) einzuholen. Empfehlungen der Ständigen Impfkommision: https://openagrar.bmel-forschung.de/servlets/MCRFileNodeServlet/openagrar_derivate_00001072/Leitlinie_Impfung_Kleintiere_2016-12-12.pdf
Noch Fragen?
Dann schreiben Sie uns oder rufen Sie uns an.
Herzlichst, Ihr
DR.TIER
Dr. med. vet. Stefan Kuscha
Egmating. München.
Informationen zur telefonischen und schriftlichen Beratung:
Schriftliche oder telefonische Beratungen dürfen gemäß Gebührenordnung für Tierärzte in Rechnung gestellt werden. Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass wir v.a. bei Nichtkunden Impfberatungen berechnen. Die aktuelle Konditionen können Sie gerne anfragen. Vielen Dank für Ihr Verständnis.